Die Flüchtlingskrise hat Europa voll erfasst. Täglich erreichen uns schreckliche Bilder von dem unvorstellbaren Leid der Menschen, die aus den zahlreichen
Krisengebieten geflüchtet sind. Ist der lebensgefährliche Weg nach Europa gelungen, werden die Flüchtenden nicht immer mit offenen Armen empfangen.
Nicht nur die Kommentarspalten im Internet sind gefüllt mit wutentbrannten Pauschalverurteilungen, manchmal attackieren die selbsternannten „besorgten
Bürger“ die Asylsuchenden sogar direkt. Im Gegensatz dazu, engagieren sich viele, auch prominente Fürsprecher gegen Vorurteile und für eine rasche Erstversorgung der Geflüchteten.
Für Europa stellt sich die Frage, wie man diese humanitäre Katastrophe zumindest eindämmen und gemeinsam schultern kann. Einer generellen Quotenlösung stehen viele,
speziell ehemals hinter dem eisernen Vorhang gelegene Länder skeptisch gegenüber. Ungarn steht nach Errichtung des umstrittenen Grenzzauns besonders in der Kritik. Historisch verweisen
viele westliche Staaten, auf die Flüchtlingsströme während der Ungarnkrise in den 50er Jahren, das offizielle Ungarn lehnt derartige Analogien als „unpassend“ ab.
Mögen Vergleiche aus der Geschichte immer ihren Haken haben, so bleibt doch, bei sachlicher Betrachtung die Erkenntnis, dass die Flüchtlingsproblematik nicht von
wenigen Ländern alleine bewältigt werden kann. Eine faire Verteilungslast auf die man sich einigen könnte, müsste natürlich nicht nur in Bezug auf die Einwohnerzahl, sondern auch auf die
jeweilige Wirtschaftsleistung berechnet werden.
Im Zweifelsfall könnte eine geringere Anzahl an Asylwerbern zugeordnet werden, welche dann dafür auch adäquat betreut werden können. Etabliert sich ein derartiges
System nicht, werden weiterhin nur bestimmte Länder für die Asylsuchenden in betracht kommen und das größtenteils falsche Argument der „getarnten Wirtschaftsflüchtlinge“ wird sich schwer
widerlegen lassen. Inzwischen stimmten Länder wie Lettland und Estland zumindest temporär einer Quotenlösung zu.
Die Leiterin der lettischen Arbeitsagentur spricht von unwesentlichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, sollte ein Kontingent von 700 Flüchtlingen aufgenommen werden. Von einem proaktiven Engagement, kann jedoch in Summe noch lange keine Rede sein. Die Länder der Visegrad Gruppe (Slowakei, Tschechien, Polen und Ungarn) erteilen der Idee einer fixen Quote eine klare Absage: „Wir sind überzeugt, dass wir als Länder die Kontrolle über die Zahl der Flüchtlinge haben sollten, die wir bereit sind, aufzunehmen“, äußert sich der tschechische Außenminister, Lubomir Zaorale diesbezüglich in Prag.
Ursachen für Skepsis im Asylbereich vielfältig
Zwar wurde der ehemalige Ostblock intern als Vielvölkerreich bezeichnet, mit der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft in Westeuropa lässt sich das allerdings nicht vergleichen. So sind Vorurteile und Ängste noch starker etabliert, als in „einwanderungsgeprüften“ Gesellschaften. Vergleichbare Verhaltensmuster in der Bevölkerung findet man auch in Westeuropa, außerhalb des urbanen Bereichs. Unbekanntes wird mit Skepsis betrachtet, rationale Erfahrungswerten fehlen meistens.
Umgekehrt blieben allerdings auch die realen Versäumnisse in der Integrationspolitik vieler „alteuropäischer“ Staaten, wie in z.B. Schweden und die daraus
resultierenden Probleme auch für die neuen EU Mitglieder nicht unbemerkt. Zwar sollte grundsätzlich das Thema Asyl nicht mit der Einwanderungsdebatte verwechselt werden, die Wurzeln der
Vorbehalte sind aber meist identisch. Romantisierte Verklärung erweist einer objektiven Betrachtung der Problematik ebenso einen Bärendienst wie präventive Pauschalverurteilungen.
Nicht vergessen werden darf, dass auch viele westeuropäische Staaten sich nur unterdurchschnittlich engagieren, wie Verteilungsstatistiken zeigen. Trotzdem muss, bei
aller Sensibilität für sämtliche Sorgen der neuen Mitgliedsländer, welche natürlich auch ökonomisch bedingt sind, eine europäische Flüchtlingspolitik rasch, effizient und im Rahmen der
Möglichkeiten fair aufgeteilte Soforthilfe leisten.
Solidarität in der Flüchtlingskrise forderten zuletzt auch 18 Gründungsmitglieder der polnischen Solidarnosc Bewegung: „Wir sind Zeugen dramatischer Ereignisse.“ „Es darf keine Rede sein vom Bau neuer Mauern oder Stacheldrahtanlagen, wie das andere tun...“